Fahrschulen vor historischem Kollaps
Führerschein-Anmeldungen stürzen um 20 Prozent ein
Führerschein-Anmeldungen brechen im November um über 20 Prozent ein. Das ist die Folge des unausgereiften Plans des Verkehrsministeriums: Schon jetzt gefährdet er die Branche, verursacht erhebliche Umsatzeinbrüche und führt zu einem völlig sinnlosen Ausbildungsstau. Gleichzeitig wird der Plan keinesfalls, wie angekündigt, zu einem günstigeren Führerschein führen, sondern die Kosten eher in die Höhe treiben, warnen Branchenexperten.
BON-Media: „Nun zeigt sich genau, was seit Monaten in der Branche diskutiert
wird. Zum Fahrlehrerkongress am 14/15.11.2025 erschien Schnieder für genau 15 Minuten. Keine Fragen vorher, kurze nichtssagende Rede, keine Fragen danach… weg war er. Hier wird ganz klar die Rechnung ohne den Wirt gemacht. B. Eckert Fahrschulleiter, Sicherheitsinstructor Zweirad: Simulatorausbildung (wo ist die Realität), Laienausbildung von Verkehrsteilnehmern die selber zum Großteil bewusst gegen Verkehrsregeln verstoßen und behindern und gefährden… wo bleibt die Qualität um die Sicherheit der Fahranfänger zu gewährleisten? Wollen Eltern tatsächlich jedesmal zittern wenn ihre jungen Fahrer:innen auf der Straße unterwegs sind. Da bin ich froh das meine Kinder schon lange und sicher am Verkehr teilnehmen. Wo genau soll der Führerschein billiger werden? Simulatoren haben Anschaffungskosten, Fachpersonal für die Einweisungen wird benötigt und erzeugen ebenfalls Kosten. Dieser Artikel der Moving e.V. zeigt genau auf wo die Probleme verankert sein werden. Daher kann ich meinerseits ebenfalls nur betonen… die Pläne von Verkehrsminister Schnieder sind gefährlich.“
Die jüngsten Zahlen aus Fahrschulen in ganz Deutschland zeigen laut einer Erhebung der MOVING International Road Safety Association e.V. eine alarmierende Entwicklung: Im November 2025 lagen die Anmeldungen über alle Führerscheinklassen hinweg (A, B, C und D) im Durchschnitt um 20 Prozent niedriger als im November 2024. Regionale Unterschiede fallen dabei deutlich ins Gewicht: In städtischen Gebieten wie Hamburg waren die Rückgänge sogar deutlich stärker. Dieser drastische Einbruch ist die erste spürbare Folge des Plans des Bundesverkehrsministeriums, den theoretischen Präsenzunterricht vollständig abzuschaffen und durch digitalen Distanzunterricht sowie Lern-Apps zu ersetzen.
Die Ankündigung von Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU), der Führerschein könne dadurch günstiger werden, hat schon jetzt eine massive Verunsicherung ausgelöst. Fahrschulen berichten von erheblichen Umsatzeinbußen, viele Betriebe stehen vor existenziellen Problemen, und gleichzeitig entsteht ein völlig unnötiger Ausbildungsstau, weil zahlreiche Interessenten ihre Anmeldung aufschieben. „Dabei ist nach wie vor völlig unklar, welches Einsparpotenzial der Minister tatsächlich erwartet oder welcher Preisrahmen für einen Führerschein künftig als realistisch gelten soll. Was jetzt dringend erforderlich ist, ist Planungssicherheit für die Fahrschulen und Transparenz für die Fahrschüler“, fordert Jörg-Michael Satz, Präsident der MOVING International Road Safety Association e.V.. „Das Ministerium sollte sich in der Sache klar positionieren und einen Zeitraum nennen, ab wann der Führerschein ‚billiger‘ wird.“
Dabei bezweifeln Experten aus Fahrschulen, Fahrlehrerverbänden und der Aus- und Weiterbildung stark, dass der Führerschein durch die Digitalreform günstiger wird. Denn reiner Online-Unterricht verankere sicherheitsrelevante Inhalte nachweislich schlechter, insbesondere bei jungen Menschen. Was in der Theorie nicht gelernt wird, müsse später mühsam und teuer in zusätzlichen Fahrstunden nachgeholt werden – das wird die Kosten für den Führerschein eher unkontrolliert in die Höhe treiben als sie zu senken.
Regionale Unterschiede – aber überall dieselbe Tendenz
Jörg-Michael Satz bestätigt, dass die Fahrschulen bundesweit einen Rückgang von durchschnittlich 20 Prozent melden. „Vor allem in den Städten ist der Einbruch deutlich. Hamburg und Frankfurt berichten sogar von Rückgängen bis zu 50 Prozent“.
Michael Witt vom Fahrlehrerverband Hamburg äußert sich dazu ebenfalls besorgt: „Wir vermerken hier in Hamburg bereits deutliche Anmeldungsrückgänge seit der Bekanntgabe des Schnieder Reformplans. Das führt dazu, dass die Fahrschulen aktuell ihre Ressourcen nicht effizient planen können. Wir brauchen dringend eine klare Perspektive von Seiten der Politik, sonst wird 2026 ein wirtschaftliches Desaster.“
Langfristige Schäden für Verkehrssicherheit und Ausbildungsqualität
Der Einbruch betrifft nicht nur Fahrschüler, sondern auch die Fahrlehrerausbildung. Viele Berufsanwärter fragen sich, ob es angesichts der politischen Unsicherheit überhaupt noch sinnvoll ist, Fahrlehrer zu werden. Wenn weniger Nachwuchs ausgebildet wird, verstärkt dies den Fachkräftemangel und führt langfristig zu Engpässen in Prüfungen und Fahrstunden.
Sascha Fiek, Geschäftsführer des VPZ – verkehrspädagogisches Zentrum Freiburg GmbH und selbst Fahrlehrer äußert sich besorgt: „Ein solcher Ausbildungsstau belastet nicht nur Fahrschüler, sondern gefährdet auch die Verkehrssicherheit, da qualitativ hochwertige Theorie- und Praxisausbildung Zeit, Struktur und qualifiziertes Personal erfordert.“
Hinzu kommen indirekte Auswirkungen auf systemrelevante Führerscheinklassen wie C und D – und damit auf Logistik, Lieferverkehr und den öffentlichen Personennahverkehr.
Appell der Branche: Digitalisierung ja, aber nicht auf Kosten der Sicherheit
Die Fahrschulbranche unterstützt Digitalisierung ausdrücklich – allerdings als Ergänzung und nicht als Ersatz für eine fundierte theoretische Ausbildung. „Wir brauchen eine moderne, pädagogisch durchdachte Weiterentwicklung der Fahrausbildung“, so Jörg-Michael Satz. „Was wir nicht brauchen, sind kurzsichtige Ankündigungen, die enorme Schäden verursachen, Ausbildungsprozesse blockieren und am Ende weder Kosten senken noch die Sicherheit erhöhen.“
Über MOVING e.V.
MOVING ist eine Interessenvertretung von europäischen Verkehrsverlagen und Unternehmen, die im Bereich der Fahrerausbildung tätig sind. Seit 2012 will MOVING für und mit seinen Mitgliedern einen weiteren Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten. Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Förderung der Aufklärung und Unfallverhütung in den Bereichen Verkehrssicherheit, Verkehrserziehung und Verkehrssicherheitsausbildung sowie die damit verbundene Berufskraftfahrerausbildung und Führerscheinprüfung in Europa und weltweit. MOVING ist Mitglied der CIECA/Internationalen Kommission für Fahrprüfungen (Brüssel), des ETSC/Europäischen Verkehrssicherheitsrates (Brüssel) und der EU-Charta für Straßenverkehrssicherheit.


